Winterfotografie auf der Wasserkuppe

Fotografie auf der Wasserkuppe

Anfang 2021, ein verrücktes Jahr ging gerade zu Ende und führte in ein ebenso chaotisches neues Jahr hinein. Lockdown, Ausgangssperren, die Angst ein Verbrechen zu begehen sobald man das Haus verlässt….und Schnee, jede Menge Schnee. Zumindest in den höheren Lagen Deutschlands fiel zur Jahreswende eine erhebliche Menge Schnee. Da Bielefeld mit knapp 80 Metern über NN nun nicht gerade zu den höheren Lagen zählt, hatte ich mich kurz informiert, wo Schnee lag und mich kurzerhand entschlossen, zur Wasserkuppe zu fahren. Schnell nochmal das Wetter gecheckt: klare Nacht und ein leicht bewölkter Morgen stehen an. Perfekt! Die Wasserkuppe gehört zum Naturpark Rhön, welcher als Sternenpark ausgezeichnet ist und somit sollte ein paar Sternenfotos nichts im Weg stehen. Also habe ich das Nötigste (Kamerarucksack, Schlafsäcke, Milchbrötchen) für eine kalte Nacht im Auto eingepackt und bin gegen Nachmittag in Bielefeld losgefahren.


 

 

 

 

 

Da ich zum ersten Mal dort war, habe ich mich dann erstmal auf die Suche nach dem Radom gemacht, welches ausgezeichnet, ausgeschildert und beleuchtet ist. So konnte ich das Radom bereits von weitem erkennen. Umso näher ich der Kugel kam umso  windiger (und kälter) wurde es auch. Der Wetterbericht hat von gefühlten ‑15 °C gesprochen. Und ja, es wurde tatsächlich richtig kalt da oben im Wind. So kalt, dass im Laufe des Abends die Beine meines Stativs festgefroren sind und sich eine Eisschicht auf dem Objektiv gebildet hat. Abgehalten davon Fotos zu machen hat mich die Kälte allerdings nicht. So konnte ich ein Bild des Radoms unter klarem Sternenhimmel schießen. Der aufgewehte Schnee zeichnet dabei die Lichter der Umgebung weich, was dem Bild ein mysteriöses Flair gibt. Leider hat sich in dem Sigma 20 mm F1.4 etwas Beschlag im Inneren der Linse gebildet, weswegen ich dann vorerst auf das Canon 70-200 mm F2.8 wechselte. Dies hat mich durchaus vor die eine oder andere Herausforderung gestellt, da der Wind so stark war, dass eine Belichtung von länger als 1/10 Sekunde praktisch nicht mehr machbar war. Also habe ich abgewartet bis es kurz windstill war und habe dann ausgelöst und einfach gehofft, dass es während der Belichtung auch windstill bleibt. Dies hat dann auch erstaunlich gut funktioniert und zu einigen scharfen und auch ausreichend belichteten Bildern geführt.




 

Um etwa 18.00 Uhr bin ich dann bei Fulda von der Autobahn runter und konnte im Scheinwerferlicht tatsächlich bereits etwas Schnee sehen. Sonderlich viel war es nicht aber hey…in Bielefeld regnet es vermutlich. Umso näher ich der Wasserkuppe kam, umso größer wurden die Schneehaufen am Straßenrand. Am Ziel angekommen konnte ich meinen Augen kaum trauen. Es war alles weiß. Jeder Baum, jedes Haus, die ganzen Büsche und selbst die Straßen waren in ein weißes Kleid gekleidet, wie ich es in meinem Leben bisher noch nicht erlebt habe. Das kleine Dörfchen auf der Wasserkuppe wirkte mit seiner Beleuchtung eher wie ein Themenpark als eine tatsächliche Ortschaft.



 

 

 

 

Nachdem ich mich beim Radom umgeschaut habe, bin ich dann zu einem kleinen Waldstück gegangen, um mich etwas vor dem beißenden Wind zu verstecken. Hier konnte ich problemlos die eingeschneiten Bäume einfangen, welche von dem gerade aufgehenden Mond in ein sanftes weißes Licht gehüllt wurden. Nachts alleine in einem verschneiten Wald bei Mondschein. WOW das ist Mystik pur.



Als ich morgens aufwachte, war es noch etwas nebelig. Ich begann schon von Sonnenstrahlen zu träumen, welche durch den Nebel scheinen und alles in ein goldenes Licht tauchen. Dieser Traum zerplatze in der Sekunde, als ich den Wagen verließ und mir tausend kleine Nadeln ins Gesicht schlugen. Nicht der Nebel hatte mir die Sicht auf die Umgebung genommen, sondern der Schneesturm, der über Nacht aufgezogen war. Soviel zu „leicht bewölkt“. Zu meinem Glück hatte ich die Gegend schon am Abend zuvor gut genug erkundet, um den Weg vom Parkplatz zu dem kleinen Waldstück und dann weiter zum Radom trotz der schlechten Sicht zu finden. So kurios es auch klingen mag, aber das Photographieren im Schneesturm war der Wahnsinn. Durch die geringe Sichtweite nahm ich alles nur noch schemenhaft wahr. Der Knaller! Ich war ja schon öfter bei dichtem Nebel unterwegs, aber das war dann doch nochmal etwas Besonders. Der peitschende Wind, der Schnee der mir ins Gesicht schlug und die geringe Sichtweite hatten schon was Abenteuerliches.



Etwa zwei Stunden stapfte ich durch den Schneesturm, bis dieser langsam nachließ. Ich machte mich dann auf eine kleine Wanderung, die mich von der Spitze der Wasserkuppe über eine zugeschneite Waldlandschaft, weite schneeweiße Felder bis zu einem kleinen Wasserfall führte. Anschließend machte ich mich auf den Weg zum Auto, um zurück nach Bielefeld zu fahren.

Durch das kleine Waldstück machte ich mich dann auch langsam auf den Weg zurück zum Auto um etwas zu schlafen und dann zum Sonnenaufgang wieder Fotos zu machen. Bei gemütlichen ‑5 °C habe ich mich mit Thermounterwäsche, Jogginghose, Merinoshirt und Fleece Jacke in meinen Schlafsack eingemummt und habe es mir in meinem Auto so gemütlich gemacht wie es eben ging.

Auch wenn es in Bielefeld einige Wochen später ähnlich viel Schnee gegeben hat war es die Reise trotzdem Wert. Das erkunden neuer Ortschaften fördert die Kreativität wie nichts anderes. Und wenn die Bedingungen in denen man die Landschaften erkunden kann auch noch so außergewöhnlich schön und wild sind, dann bringt man Errinerungen mit nachhause. Errinerungen die nur einem selbst gehören.